Wie sicher ist Bitcoin wirklich?
Die rasante Entwicklung von Quantencomputern weckt nicht nur wissenschaftliche Begeisterung, sondern auch ernsthafte Sorgen in der Welt der Kryptowährungen. Insbesondere Bitcoin und andere Blockchain-Projekte stützen sich auf kryptografische Verfahren, deren Sicherheit durch Quantenalgorithmen wie Shor und Grover grundlegend infrage gestellt werden könnte. Dieser Artikel beleuchtet, was Quantencomputer grundlegend sind, warum sie eine Bedrohung für Blockchain-Systeme darstellen und wie verschiedene Krypto-Projekte mit dieser Herausforderung umgehen.
Was macht Quantencomputer so besonders?
Quantencomputer unterscheiden sich grundlegend von herkömmlichen Computern. Statt mit klassischen Bits (0 oder 1) arbeiten sie mit Qubits, die dank sogenannter Superposition gleichzeitig 0 und 1 sein können. Kombiniert mit Effekten wie Verschränkung und Interferenz erlaubt dies theoretisch exponentielle Geschwindigkeitsvorteile bei bestimmten Rechenaufgaben. Ein besonders berüchtigtes Beispiel ist der von Peter Shor entwickelte Algorithmus, der es Quantencomputern ermöglicht, mathematische Probleme wie das Faktorisieren großer Zahlen und das Lösen diskreter Logarithmen effizient zu lösen – und damit zentrale Bestandteile moderner Kryptografie zu brechen.

Warum sind Blockchain-Systeme wie Bitcoin gefährdet?
Bitcoin nutzt das Signaturverfahren ECDSA auf der elliptischen Kurve secp256k1. Die Sicherheit basiert auf der Schwierigkeit, aus einem öffentlichen Schlüssel den privaten zurückzurechnen. Ein großer Quantencomputer mit Shor’s Algorithmus könnte genau das tun – und damit signierte Transaktionen fälschen oder fremde Wallets übernehmen.
Obwohl Bitcoin-Adressen selbst aus dem Hash eines öffentlichen Schlüssels bestehen (und somit teils geschützt sind), werden diese öffentlich sichtbar, sobald Coins bewegt werden. Das bedeutet: Verwendete Adressen können theoretisch zur Angriffsfläche werden. Mining-Hashes (SHA-256) sind hingegen durch Grover’s Algorithmus nur graduell geschwächt, gelten aber noch als sicher genug.
Der aktuelle Stand der Quantenentwicklung
Noch gibt es keinen Quantencomputer, der in der Lage ist, Bitcoin oder vergleichbare Systeme zu brechen. Systeme wie Googles Chip „Willow“ oder Chinas Tianyan-504 mit jeweils über 100 bzw. 500 Qubits sind vielversprechend, aber für Angriffe auf ECDSA wären Millionen fehlerkorrigierter Qubits nötig. Die nächsten 10–20 Jahre gelten daher als realistisches Zeitfenster für eine mögliche Bedrohung – aber auch für Vorbereitungen.
Wie gut sind die Blockchain-Projekte vorbereitet?
Bitcoin
Derzeit keine Post-Quantum-Implementierung. Vorschläge wie das „Quantum-Resistant Address Migration Protocol“ (QRAMP) existieren, aber keine Einführung ist beschlossen. Aufgrund der konservativen Natur der Community und der dezentralen Governance sind tiefgreifende Änderungen schwer durchsetzbar.
Ethereum
Ethereum verwendet ebenfalls ECDSA, allerdings auch BLS12-381-Signaturen für Validatoren. Die Ethereum Foundation fördert aktiv Post-Quantum-Forschung (z. B. durch das ZKnox-Projekt) und experimentiert mit FALCON- und SPHINCS+-Signaturen. Ein Umstieg ist mittelfristig geplant, aber noch nicht umgesetzt.
Cardano
Setzt auf Ed25519 und verfolgt eine langfristige Strategie zur Post-Quantum-Umstellung. Die Forschungsagenda von IOHK (Input Output Global) sieht bereits quantensichere Varianten vor, bisher ohne Mainnet-Umsetzung.
Polkadot
Verwendet Schnorrkel (basierend auf Curve25519). Es gibt Experimente mit Falcon-Signaturen im Konsensprotokoll, aber keine produktive PQ-Unterstützung. Dank On-Chain-Governance könnten Upgrades relativ koordiniert ablaufen.
Solana
Implementierte 2025 optional ein „Quantum-Resistant Vault“ basierend auf hashbasierten Signaturen (Winternitz). Nutzer müssen diese Funktion manuell aktivieren. Reguläre Wallets sind weiterhin quantenverwundbar.
Monero
Setzt auf Curve25519 für Ring-Signaturen und Stealth-Adressen. Post-Quantum-Ansätze (z. B. XMSS oder GLYPH) werden erforscht, aber bisher nicht implementiert. Die Anonymität wäre im Quantenfall besonders stark bedroht.
Herausforderungen bei der Umstellung
- Governance & Community: Projekte mit dezentraler oder schwerfälliger Entscheidungsstruktur (z. B. Bitcoin) haben es schwerer, konsensbasierte Umstellungen durchzuführen. Ethereum und Polkadot haben hier Vorteile.
- Technische Forks: Die Umstellung auf neue Signaturen erfordert meist einen Hard Fork – mit allen Risiken wie Kettenaufspaltung oder Inkompatibilität.
- Leistung und Komplexität: Viele quantensichere Algorithmen haben deutlich größere Signaturen (teilweise mehrere Kilobyte) und belasten Performance und Speicherkapazität.
- Migration der Nutzer: Nutzer müssten aktiv Guthaben in neue, sichere Adressen überführen. Nicht migrierte Coins könnten langfristig als verloren gelten.
Fazit: Noch keine Panik, aber dringender Handlungsbedarf
Ein großer Quantencomputer ist keine unmittelbare Bedrohung, aber die Entwicklung schreitet sichtbar voran. Die meisten Blockchain-Projekte sind sich des Problems bewusst, agieren aber unterschiedlich schnell. Ethereum und Cardano zeigen proaktive Forschungs- und Entwicklungsstrategien. Bitcoin hingegen verlässt sich bislang auf seine Trägheit – ein riskanter Ansatz.
Wer heute in Kryptowährungen investiert oder Blockchain-Technologien weiterentwickelt, sollte sich mit dem Thema Post-Quantum-Kryptografie vertraut machen. Der Wettlauf hat längst begonnen.
Schaubild: Vergleich der Blockchain-Projekte hinsichtlich Quantenresistenz
Projekt | Aktuelle Signatur | PQ-Forschung aktiv? | PQ-Implementierung im Mainnet | Migrationsstrategie geplant |
---|---|---|---|---|
Bitcoin | ECDSA | Teilweise | Nein | Entwürfe wie QRAMP |
Ethereum | ECDSA, BLS | Ja | Nein | In Roadmap enthalten |
Cardano | Ed25519 | Ja | Nein | Forschungsprogramm aktiv |
Polkadot | Sr25519 | Teilweise | Nein | Referenden möglich |
Solana | Ed25519 | Ja | Optionaler Vault | Nutzerinitiiert |
Monero | Curve25519 | Ja | Nein | In Diskussion |
Rechtlicher Hinweis
Dieser Artikel stellt keine steuerliche oder rechtliche Beratung dar. Es wird empfohlen, bei individuellen Fragen zu steuerlichen oder rechtlichen Aspekten einen qualifizierten Steuerberater oder Juristen zu konsultieren.
Quellenangaben
- Bitcoin Optech Newsletter
- Ethereum Foundation Blog & EIPs
- Cardano IOHK Technical Papers
- Polkadot Wiki & Developer Docs
- Solana GitHub & Dev-Update Jan 2025
- Monero Research Lab Reports
- NIST PQC-Standardisierungsprozess
- Deloitte (2023): Quantencomputing im Finanzwesen
- Scott Aaronson Blog & Google Quantum AI Lab
- Bruce Schneier: Cryptography and Quantum Computing